Menschenrechtskonvention

Von der Ukraine unterzeichnet:

Übersetzung aus dem englischen und französischen Originaltext

Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten

Abgeschlossen in Rom am 4. November 1950

(Stand am 23. Februar 2012)

Die Unterzeichnerregierungen, Mitglieder des Europarats -

in Anbetracht der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verkündet worden ist;

in der Erwägung, dass diese Erklärung bezweckt, die universelle und wirksame Anerkennung und Einhaltung der in ihr aufgeführten Rechte zu gewährleisten;

in der Erwägung, dass es das Ziel des Europarats ist, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herzustellen, und dass eines der Mittel zur Erreichung dieses Zieles die Wahrung und Fortentwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten ist;

in Bekräftigung ihres tiefen Glaubens an diese Grundfreiheiten, welche die Grundlage von Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bilden und die am besten durch eine wahrhaft demokratische politische Ordnung sowie durch ein gemeinsames Verständnis und eine gemeinsame Achtung der diesen Grundfreiheiten zugrunde liegenden Menschenrechte gesichert werden;

entschlossen, als Regierungen europäischer Staaten, die vom gleichen Geist beseelt sind und ein gemeinsames Erbe an politischen Überlieferungen, Idealen, Achtung

der Freiheit und Rechtsstaatlichkeit besitzen, die ersten Schritte auf dem Weg zu einer kollektiven Garantie bestimmter in der Allgemeinen Erklärung aufgeführter Rechte zu unternehmen -

haben folgendes vereinbart:

 

Die Hohen Vertragsparteien sichern allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen die in Abschnitt I bestimmten Rechte und Freiheiten zu.


Abschnitt I: Rechte und Freiheiten

 

(1)  Das Recht jedes Menschen auf Leben wird gesetzlich geschützt. Niemand darf absichtlich getötet werden, ausser durch Vollstreckung eines Todesurteils, das ein Gericht wegen eines Verbrechens verhängt hat, für das die Todesstrafe gesetzlich vorgesehen ist.

(2)  Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um

a)
jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;
b)
jemanden rechtmässig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmässig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
c)
einen Aufruhr oder Aufstand rechtmässig niederzuschlagen.

 

Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.


 

(1)  Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.

(2)  Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.

(3)  Nicht als Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne dieses Artikels gilt

a)
eine Arbeit, die üblicherweise von einer Person verlangt wird, der unter den Voraussetzungen des Artikels 5 die Freiheit entzogen oder die bedingt entlassen worden ist;
b)
eine Dienstleistung militärischer Art oder eine Dienstleistung, die an die Stelle des im Rahmen der Wehrpflicht zu leistenden Dienstes tritt, in Ländern, wo die Dienstverweigerung aus Gewissensgründen anerkannt ist;
c)
eine Dienstleistung, die verlangt wird, wenn Notstände oder Katastrophen das Leben oder das Wohl der Gemeinschaft bedrohen;
d)
eine Arbeit oder Dienstleistung, die zu den üblichen Bürgerpflichten gehört.

 

(1)  Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

a)
rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b)
rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c)
rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d)
rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e)
rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f)
rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.

(2)  Jeder festgenommenen Person muss in möglichst kurzer Frist1 in einer ihr verständlichen Sprache mitgeteilt werden, welches die Gründe für ihre Festnahme sind und welche Beschuldigungen gegen sie erhoben werden.

(3)  Jede Person, die nach Absatz 1 Buchstabe c von Festnahme oder Freiheitsentzug betroffen ist, muss unverzüglich einem Richter oder einer anderen gesetzlich zur Wahrnehmung richterlicher Aufgaben ermächtigten Person vorgeführt werden; sie hat Anspruch auf ein Urteil innerhalb angemessener Frist oder auf Entlassung während des Verfahrens. Die Entlassung kann von der Leistung einer Sicherheit für das Erscheinen vor Gericht abhängig gemacht werden.

(4)  Jede Person, die festgenommen oder der die Freiheit entzogen ist, hat das Recht zu beantragen, dass ein Gericht innerhalb kurzer Frist über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs entscheidet und ihre Entlassung anordnet, wenn der Freiheitsentzug nicht rechtmässig ist.

(5)  Jede Person, die unter Verletzung dieses Artikels von Festnahme oder Freiheitsentzug betroffen ist, hat Anspruch auf Schadensersatz.


1 Redaktionelle Änd. auf Grund der Übersetzungskonferenz der deutschsprachigen Länder (Deutschland, Liechtenstein, Österreich und Schweiz).


 

(1)  Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.

(2)  Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.

(3)  Jede angeklagte Person hat mindestens folgende Rechte:

a)
innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b)
ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c)
sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d)
Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e)
unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.

 

(1)  Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Es darf auch keine schwerere als die zur Zeit der Begehung angedrohte Strafe verhängt werden.

(2)  Dieser Artikel schliesst nicht aus, dass jemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt oder bestraft wird, die zur Zeit ihrer Begehung nach den von den zivilisierten Völkern anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätzen strafbar war.


 

(1)  Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.

(2)  Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.


 

(1)  Jede Person hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Unterricht oder Praktizieren von Bräuchen und Riten zu bekennen.

(2)  Die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu bekennen, darf nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die öffentliche Sicherheit, zum Schutz der öffentlichen Ordnung, Gesundheit oder Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.


 

(1)  Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäusserung. Dieses Recht schliesst die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Dieser Artikel hindert die Staaten nicht, für Radio-, Fernseh- oder Kinounternehmen eine Genehmigung vorzuschreiben.

(2)  Die Ausübung dieser Freiheiten ist mit Pflichten und Verantwortung verbunden; sie kann daher Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale Sicherheit, die territoriale Unversehrtheit oder die öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral, zum Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung vertraulicher Informationen oder zur Wahrung der Autorität und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung.


 

(1)  Jede Person hat das Recht, sich frei und friedlich mit anderen zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschliessen; dazu gehört auch das Recht, zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten.

(2)  Die Ausübung dieser Rechte darf nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale oder öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Dieser Artikel steht rechtmässigen Einschränkungen der Ausübung dieser Rechte für Angehörige der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung nicht entgegen.


 

Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen.


 

Jede Person, die in ihren in dieser Konvention anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist, hat das Recht, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben, auch wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben.


 

Der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten.


 

(1)  Wird das Leben der Nation durch Krieg oder einen anderen öffentlichen Notstand bedroht, so kann jede Hohe Vertragspartei Massnahmen treffen, die von den in dieser Konvention vorgesehenen Verpflichtungen abweichen, jedoch nur, soweit es die Lage unbedingt erfordert und wenn die Massnahmen nicht im Widerspruch zu den sonstigen völkerrechtlichen Verpflichtungen der Vertragspartei stehen.

(2)  Aufgrund des Absatzes 1 darf von Artikel 2 nur bei Todesfällen infolge rechtmässiger Kriegshandlungen und von Artikel 3, Artikel 4 (Absatz 1) und Artikel 7 in keinem Fall abgewichen werden.

(3)  Jede Hohe Vertragspartei, die dieses Recht auf Abweichung ausübt, unterrichtet den Generalsekretär des Europarats umfassend über die getroffenen Massnahmen und deren Gründe. Sie unterrichtet den Generalsekretär des Europarats auch über den Zeitpunkt, zu dem diese Massnahmen ausser Kraft getreten sind und die Konvention wieder volle Anwendung findet.


 

Die Artikel 10, 11 und 14 sind nicht so auszulegen, als untersagten sie den Hohen Vertragsparteien, die politische Tätigkeit ausländischer Personen zu beschränken.


 

Diese Konvention ist nicht so auszulegen, als begründe sie für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person das Recht, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, die darauf abzielt, die in der Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten abzuschaffen oder sie stärker einzuschränken, als es in der Konvention vorgesehen ist.


 

Die nach dieser Konvention zulässigen Einschränkungen der genannten Rechte und Freiheiten dürfen nur zu den vorgesehenen Zwecken erfolgen.

Abschnitt II:3 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

 

Um die Einhaltung der Verpflichtungen sicherzustellen, welche die Hohen Vertragsparteien in dieser Konvention und den Protokollen dazu übernommen haben, wird ein Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, im Folgenden als «Gerichtshof» bezeichnet, errichtet. Er nimmt seine Aufgaben als ständiger Gerichtshof wahr.


 

Die Zahl der Richter des Gerichtshofs entspricht derjenigen der Hohen Vertragsparteien.


 

(1)  Die Richter müssen hohes sittliches Ansehen geniessen und entweder die für die Ausübung hoher richterlicher Ämter erforderlichen Voraussetzungen erfüllen oder Rechtsgelehrte von anerkanntem Ruf sein.

(2)  Die Richter gehören dem Gerichtshof in ihrer persönlichen Eigenschaft an.

(3)  Während ihrer Amtszeit dürfen die Richter keine Tätigkeit ausüben, die mit ihrer Unabhängigkeit, ihrer Unparteilichkeit oder mit den Erfordernissen der Vollzeitbeschäftigung in diesem Amt unvereinbar ist; alle Fragen, die sich aus der Anwendung dieses Absatzes ergeben, werden vom Gerichtshof entschieden.


 

(1)  Die Richter werden von der Parlamentarischen Versammlung für jede Hohe Vertragspartei mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen aus einer Liste von drei Kandidaten gewählt, die von der Hohen Vertragspartei vorgeschlagen werden.

(2)  …1


1 Aufgehoben durch Art. 1 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und mit Wirkung seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).


 

(1)  Die Richter werden für neun Jahre gewählt. Ihre Wiederwahl ist nicht zulässig.

(2)  Die Amtszeit der Richter endet mit Vollendung des 70. Lebensjahrs.

(3)  Die Richter bleiben bis zum Amtsantritt ihrer Nachfolger im Amt. Sie bleiben jedoch in den Rechtssachen tätig, mit denen sie bereits befasst sind.

(4)  Ein Richter kann nur entlassen werden, wenn die anderen Richter mit Zweidrittelmehrheit entscheiden, dass er die erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.


1 Fassung gemäss Art. 2 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).


 

(1)  Der Gerichtshof hat eine Kanzlei, deren Aufgaben und Organisation in der Verfahrensordnung des Gerichtshofs festgelegt werden.

(2)  Wenn der Gerichtshof in Einzelrichterbesetzung tagt, wird er von Berichterstattern unterstützt, die ihre Aufgaben unter der Aufsicht des Präsidenten des Gerichtshofs ausüben. Sie gehören der Kanzlei des Gerichtshofs an.


1 Ursprünglich: Art. 25. Fassung gemäss Art. 4 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).


 

Das Plenum des Gerichtshofs

a)
wählt seinen Präsidenten und einen oder zwei Vizepräsidenten für drei Jahre; ihre Wiederwahl ist zulässig;
b)
bildet Kammern für einen bestimmten Zeitraum;
c)
wählt die Präsidenten der Kammern des Gerichtshofs; ihre Wiederwahl ist zulässig;
d)
beschliesst die Verfahrensordnung des Gerichtshofs;
e)
wählt den Kanzler und einen oder mehrere stellvertretende Kanzler;
f)3
stellt Anträge nach Artikel 26 Absatz 2.

1 Ursprünglich: Art. 26.
2 Fassung gemäss Art. 5 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).
3 Eingefügt durch Art. 5 Ziff. 3 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).


 

(1)  Zur Prüfung der Rechtssachen, die bei ihm anhängig gemacht werden, tagt der Gerichtshof in Einzelrichterbesetzung, in Ausschüssen mit drei Richtern, in Kammern mit sieben Richtern und in einer Grossen Kammer mit 17 Richtern. Die Kammern des Gerichtshofs bilden die Ausschüsse für einen bestimmten Zeitraum.

(2)  Auf Antrag des Plenums des Gerichtshofs kann die Anzahl Richter je Kammer für einen bestimmten Zeitraum durch einstimmigen Beschluss des Ministerkomitees auf fünf herabgesetzt werden.

(3)  Ein Richter, der als Einzelrichter tagt, prüft keine Beschwerde gegen die Hohe Vertragspartei, für die er gewählt worden ist.

(4)  Der Kammer und der Grossen Kammer gehört von Amts wegen der für eine als Partei beteiligte Hohe Vertragspartei gewählte Richter an. Wenn ein solcher nicht vorhanden ist oder er an den Sitzungen nicht teilnehmen kann, nimmt eine Person in der Eigenschaft eines Richters an den Sitzungen teil, die der Präsident des Gerichtshofs aus einer Liste auswählt, welche ihm die betreffende Vertragspartei vorab unterbreitet hat.

(5)  Der Grossen Kammer gehören ferner der Präsident des Gerichtshofs, die Vizepräsidenten, die Präsidenten der Kammern und andere nach der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ausgewählte Richter an. Wird eine Rechtssache nach Artikel 43 an die Grosse Kammer verwiesen, so dürfen Richter der Kammer, die das Urteil gefällt hat, der Grossen Kammer nicht angehören; das gilt nicht für den Präsidenten der Kammer und den Richter, welcher in der Kammer für die als Partei beteiligte Hohe Vertragspartei mitgewirkt hat.


1 Ursprünglich: Art. 27. Fassung gemäss Art. 6 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).


 

(1)  Ein Einzelrichter kann eine nach Artikel 34 erhobene Beschwerde für unzulässig erklären oder im Register streichen, wenn eine solche Entscheidung ohne weitere Prüfung getroffen werden kann.

(2)  Die Entscheidung ist endgültig.

(3)  Erklärt der Einzelrichter eine Beschwerde nicht für unzulässig und streicht er sie auch nicht im Register des Gerichtshofs, so übermittelt er sie zur weiteren Prüfung an einen Ausschuss oder eine Kammer.


1 Eingefügt durch Art. 7 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).


 

(1)  Ein Ausschuss, der mit einer nach Artikel 34 erhobenen Beschwerde befasst wird, kann diese durch einstimmigen Beschluss:

a)
für unzulässig erklären oder im Register streichen, wenn eine solche Entscheidung ohne weitere Prüfung getroffen werden kann; oder
b)
für zulässig erklären und zugleich ein Urteil über die Begründetheit fällen, sofern die der Rechtssache zugrunde liegende Frage der Auslegung oder Anwendung dieser Konvention oder der Protokolle dazu Gegenstand einer gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs ist.

(2)  Die Entscheidungen und Urteile nach Absatz 1 sind endgültig.

(3)  Ist der für die als Partei beteiligte Hohe Vertragspartei gewählte Richter nicht Mitglied des Ausschusses, so kann er von Letzterem jederzeit während des Verfahrens eingeladen werden, den Sitz eines Mitglieds im Ausschuss einzunehmen; der Ausschuss hat dabei alle erheblichen Umstände einschliesslich der Frage, ob diese Vertragspartei der Anwendung des Verfahrens nach Absatz 1 Buchstabe b entgegengetreten ist, zu berücksichtigen.


1 Fassung gemäss Art. 8 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).


 

(1)  Ergeht weder eine Entscheidung nach Artikel 27 oder 28 noch ein Urteil nach Artikel 28, so entscheidet eine Kammer über die Zulässigkeit und Begründetheit der nach Artikel 34 erhobenen Beschwerden. Die Entscheidung über die Zulässigkeit kann gesondert ergehen.1

(2)  Eine Kammer entscheidet über die Zulässigkeit und Begründetheit der nach Artikel 33 erhobenen Staatenbeschwerden. Die Entscheidung über die Zulässigkeit ergeht gesondert, sofern der Gerichtshof in Ausnahmefällen nicht anders entscheidet.2

(3)  …3


1 Fassung gemäss Art. 9 Ziff. 1 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).
2 Satz eingefügt durch Art. 9 Ziff. 2 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).
3 Aufgehoben durch Art. 9 Ziff. 3 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und mit Wirkung seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).


 

Wirft eine bei einer Kammer anhängige Rechtssache eine schwerwiegende Frage der Auslegung dieser Konvention oder der Protokolle dazu auf oder kann die Entscheidung einer ihr vorliegenden Frage zu einer Abweichung von einem früheren Urteil des Gerichtshofs führen, so kann die Kammer diese Sache jederzeit, bevor sie ihr Urteil gefällt hat, an die Grosse Kammer abgeben, sofern nicht eine Partei widerspricht.


 

Die Grosse Kammer:

a)
entscheidet über nach Artikel 33 oder Artikel 34 erhobene Beschwerden, wenn eine Kammer die Rechtssache nach Artikel 30 an sie abgegeben hat oder wenn die Sache nach Artikel 43 an sie verwiesen worden ist;
b)1
entscheidet über Fragen, mit denen der Gerichtshof durch das Ministerkomitee nach Artikel 46 Absatz 4 befasst wird; und
c)2
behandelt Anträge nach Artikel 47 auf Erstattung von Gutachten.

1 Eingefügt durch Art. 10 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).
2 Ursprünglich: Bst. b.


 

(1)  Die Zuständigkeit des Gerichtshofs umfasst alle die Auslegung und Anwendung dieser Konvention und der Protokolle dazu betreffenden Angelegenheiten, mit denen er nach den Artikeln 33, 34, 46 und 47 befasst wird.1

(2)  Besteht Streit über die Zuständigkeit des Gerichtshofs, so entscheidet der Gerichtshof.


1 Bereinigt gemäss Art. 11 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).


 

Jede Hohe Vertragspartei kann den Gerichtshof wegen jeder behaupteten Verletzung dieser Konvention und der Protokolle dazu durch eine andere Hohe Vertragspartei anrufen.


 

Der Gerichtshof kann von jeder natürlichen Person, nichtstaatlichen Organisation oder Personengruppe, die behauptet, durch eine der Hohen Vertragsparteien in einem der in dieser Konvention oder den Protokollen dazu anerkannten Rechte verletzt zu sein, mit einer Beschwerde befasst werden. Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, die wirksame Ausübung dieses Rechts nicht zu behindern.


 

(1)  Der Gerichtshof kann sich mit einer Angelegenheit erst nach Erschöpfung aller innerstaatlichen Rechtsbehelfe in Übereinstimmung mit den allgemein anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts und nur innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung befassen.

(2)  Der Gerichtshof befasst sich nicht mit einer nach Artikel 34 erhobenen Individualbeschwerde, die

a)
anonym ist oder
b)
im Wesentlichen mit einer schon vorher vom Gerichtshof geprüften Beschwerde übereinstimmt oder schon einer anderen internationalen Untersuchungs- oder Vergleichsinstanz unterbreitet worden ist und keine neuen Tatsachen enthält.

(3)  Der Gerichtshof erklärt eine nach Artikel 34 erhobene Individualbeschwerde für unzulässig:

a)
wenn er sie für unvereinbar mit dieser Konvention oder den Protokollen dazu, für offensichtlich unbegründet oder für missbräuchlich hält; oder
b)
wenn er der Ansicht ist, dass dem Beschwerdeführer kein erheblicher Nachteil entstanden ist, es sei denn, die Achtung der Menschenrechte, wie sie in dieser Konvention und den Protokollen dazu anerkannt sind, erfordert eine Prüfung der Begründetheit der Beschwerde, und vorausgesetzt, es wird aus diesem Grund nicht eine Rechtssache zurückgewiesen, die noch von keinem innerstaatlichen Gericht gebührend geprüft worden ist.1

(4)  Der Gerichtshof weist eine Beschwerde zurück, die er nach diesem Artikel für unzulässig hält. Er kann dies in jedem Stadium des Verfahrens tun.


1 Fassung gemäss Art. 12 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).


 

(1)  In allen bei einer Kammer oder der Grossen Kammer anhängigen Rechtssachen ist die Hohe Vertragspartei, deren Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer besitzt, berechtigt, schriftliche Stellungnahmen abzugeben und an den mündlichen Verhandlungen teilzunehmen.

(2)  Im Interesse der Rechtspflege kann der Präsident des Gerichtshofs jeder Hohen Vertragspartei, die in dem Verfahren nicht Partei ist, oder jeder betroffenen Person, die nicht Beschwerdeführer ist, Gelegenheit geben, schriftlich Stellung zu nehmen oder an den mündlichen Verhandlungen teilzunehmen.

(3)  In allen bei einer Kammer oder der Grossen Kammer anhängigen Rechtssachen kann der Kommissar für Menschenrechte des Europarats schriftliche Stellungnahmen abgeben und an den mündlichen Verhandlungen teilnehmen.1


1 Eingefügt durch Art. 13 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).


 

(1)  Der Gerichtshof kann jederzeit während des Verfahrens entscheiden, eine Beschwerde in seinem Register zu streichen, wenn die Umstände Grund zur Annahme geben, dass

a)
der Beschwerdeführer seine Beschwerde nicht weiterzuverfolgen beabsichtigt,
b)
die Streitigkeit einer Lösung zugeführt worden ist oder
c)
eine weitere Prüfung der Beschwerde aus anderen vom Gerichtshof festgestellten Gründen nicht gerechtfertigt ist.

Der Gerichtshof setzt jedoch die Prüfung der Beschwerde fort, wenn die Achtung der Menschenrechte, wie sie in dieser Konvention und den Protokollen dazu anerkannt sind, dies erfordert.

(2)  Der Gerichtshof kann die Wiedereintragung einer Beschwerde in sein Register anordnen, wenn er dies den Umständen nach für gerechtfertigt hält.


 

Der Gerichtshof prüft die Rechtssache mit den Vertretern der Parteien und nimmt, falls erforderlich, Ermittlungen vor; die betreffenden Hohen Vertragsparteien haben alle zur wirksamen Durchführung der Ermittlungen erforderlichen Erleichterungen zu gewähren.


1 Fassung gemäss Art. 14 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).


 

(1)  Der Gerichtshof kann sich jederzeit während des Verfahrens zur Verfügung der Parteien halten mit dem Ziel, eine gütliche Einigung auf der Grundlage der Achtung der Menschenrechte, wie sie in dieser Konvention und den Protokollen dazu anerkannt sind, zu erreichen.

(2)  Das Verfahren nach Absatz 1 ist vertraulich.

(3)  Im Fall einer gütlichen Einigung streicht der Gerichtshof durch eine Entscheidung, die sich auf eine kurze Angabe des Sachverhalts und der erzielten Lösung beschränkt, die Rechtssache in seinem Register.

(4)  Diese Entscheidung ist dem Ministerkomitee zuzuleiten; dieses überwacht die Durchführung der gütlichen Einigung, wie sie in der Entscheidung festgehalten wird.


1 Fassung gemäss Art. 15 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).


 

(1)  Die Verhandlung ist öffentlich, soweit nicht der Gerichtshof auf Grund besonderer Umstände anders entscheidet.

(2)  Die beim Kanzler verwahrten Schriftstücke sind der Öffentlichkeit zugänglich, soweit nicht der Präsident des Gerichtshofs anders entscheidet.


 

Stellt der Gerichtshof fest, dass diese Konvention oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, und gestattet das innerstaatliche Recht der Hohen Vertragspartei nur eine unvollkommene Wiedergutmachung für die Folgen dieser Verletzung, so spricht der Gerichtshof der verletzten Partei eine gerechte Entschädigung zu, wenn dies notwendig ist.


 

Urteile der Kammern werden nach Massgabe des Artikels 44 Absatz 2 endgültig.


 

(1)  Innerhalb von drei Monaten nach dem Datum des Urteils der Kammer kann jede Partei in Ausnahmefällen die Verweisung der Rechtssache an die Grosse Kammer beantragen.

(2)  Ein Ausschuss von fünf Richtern der Grossen Kammer nimmt den Antrag an, wenn die Rechtssache eine schwerwiegende Frage der Auslegung oder Anwendung dieser Konvention oder der Protokolle dazu oder eine schwerwiegende Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft.

(3)  Nimmt der Ausschuss den Antrag an, so entscheidet die Grosse Kammer die Sache durch Urteil.


 

(1)  Das Urteil der Grossen Kammer ist endgültig.

(2)  Das Urteil einer Kammer wird endgültig,

a)
wenn die Parteien erklären, dass sie die Verweisung der Rechtssache an die Grosse Kammer nicht beantragen werden,
b)
drei Monate nach dem Datum des Urteils, wenn nicht die Verweisung der Rechtssache an die Grosse Kammer beantragt worden ist, oder
c)
wenn der Ausschuss der Grossen Kammer den Antrag auf Verweisung nach Artikel 43 abgelehnt hat.

(3)  Das endgültige Urteil wird veröffentlicht.


 

(1)  Urteile sowie Entscheidungen, mit denen Beschwerden für zulässig oder für unzulässig erklärt werden, werden begründet.

(2)  Bringt ein Urteil ganz oder teilweise nicht die übereinstimmende Meinung der Richter zum Ausdruck, so ist jeder Richter berechtigt, seine abweichende Meinung darzulegen.


 

(1)  Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen.

(2)  Das endgültige Urteil des Gerichtshofs ist dem Ministerkomitee zuzuleiten; dieses überwacht seinen Vollzug.

(3)  Wird die Überwachung des Vollzugs eines endgültigen Urteils nach Auffassung des Ministerkomitees durch eine Frage betreffend die Auslegung dieses Urteils behindert, so kann das Ministerkomitee den Gerichtshof anrufen, damit er über diese Auslegungsfrage entscheidet. Der Beschluss des Ministerkomitees, den Gerichtshof anzurufen, bedarf der Zweidrittelmehrheit der Stimmen der zur Teilnahme an den Sitzungen des Komitees berechtigten Mitglieder.

(4)  Weigert sich eine Hohe Vertragspartei nach Auffassung des Ministerkomitees, in einer Rechtssache, in der sie Partei ist, ein endgültiges Urteil des Gerichtshofs zu befolgen, so kann das Ministerkomitee, nachdem es die betreffende Partei gemahnt hat, durch einen mit Zweidrittelmehrheit der Stimmen der zur Teilnahme an den Sitzungen des Komitees berechtigten Mitglieder gefassten Beschluss den Gerichtshof mit der Frage befassen, ob diese Partei ihrer Verpflichtung nach Absatz 1 nachgekommen ist.

(5)  Stellt der Gerichtshof eine Verletzung des Absatzes 1 fest, so weist er die Rechtssache zur Prüfung der zu treffenden Massnahmen an das Ministerkomitee zurück. Stellt der Gerichtshof fest, dass keine Verletzung des Absatzes 1 vorliegt, so weist er die Rechtssache an das Ministerkomitee zurück; dieses beschliesst die Einstellung seiner Prüfung.


1 Fassung gemäss Art. 16 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).


 

(1)  Der Gerichtshof kann auf Antrag des Ministerkomitees Gutachten über Rechtsfragen erstatten, welche die Auslegung dieser Konvention und der Protokolle dazu betreffen.

(2)  Diese Gutachten dürfen keine Fragen zum Gegenstand haben, die sich auf den Inhalt oder das Ausmass der in Abschnitt I dieser Konvention und in den Protokollen dazu anerkannten Rechte und Freiheiten beziehen, noch andere Fragen, über die der Gerichtshof oder das Ministerkomitee auf Grund eines nach dieser Konvention eingeleiteten Verfahrens zu entscheiden haben könnte.

(3)  Der Beschluss des Ministerkomitees, ein Gutachten beim Gerichtshof zu beantragen, bedarf der Mehrheit der Stimmen der zur Teilnahme an den Sitzungen des Komitees berechtigten Mitglieder.


 

Der Gerichtshof entscheidet, ob ein vom Ministerkomitee gestellter Antrag auf Erstattung eines Gutachtens in seine Zuständigkeit nach Artikel 47 fällt.


 

(1)  Die Gutachten des Gerichtshofs werden begründet.

(2)  Bringt das Gutachten ganz oder teilweise nicht die übereinstimmende Meinung der Richter zum Ausdruck, so ist jeder Richter berechtigt, seine abweichende Meinung darzulegen.

(3)  Die Gutachten des Gerichtshofs werden dem Ministerkomitee übermittelt.


 

Die Kosten des Gerichtshofs werden vom Europarat getragen.


 

Die Richter geniessen bei der Ausübung ihres Amtes die Privilegien und Immunitäten, die in Artikel 40 der Satzung des Europarats1 und den aufgrund jenes Artikels geschlossenen Übereinkünften vorgesehen sind.


1 SR 0.192.030

Abschnitt III:4 Verschiedene Bestimmungen

 

Auf Anfrage des Generalsekretärs des Europarats erläutert jede Hohe Vertragspartei, auf welche Weise die wirksame Anwendung aller Bestimmungen dieser Konvention in ihrem innerstaatlichen Recht gewährleistet wird.


 

Diese Konvention ist nicht so auszulegen, als beschränke oder beeinträchtige sie Menschenrechte und Grundfreiheiten, die in den Gesetzen einer Hohen Vertragspartei oder in einer anderen Übereinkunft, deren Vertragspartei sie ist, anerkannt werden.


 

Diese Konvention berührt nicht die dem Ministerkomitee durch die Satzung des Europarats1 übertragenen Befugnisse.


1 SR 0.192.030


 

Die Hohen Vertragsparteien kommen überein, dass sie sich vorbehaltlich besonderer Vereinbarung nicht auf die zwischen ihnen geltenden Verträge, sonstigen Übereinkünfte oder Erklärungen berufen werden, um eine Streitigkeit über die Auslegung oder Anwendung dieser Konvention einem anderen als den in der Konvention vorgesehenen Beschwerdeverfahren zur Beilegung zu unterstellen.


 

(1)  Jeder Staat kann bei der Ratifikation oder jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation erklären, dass diese Konvention vorbehaltlich des Absatzes 4 auf alle oder einzelne Hoheitsgebiete Anwendung findet, für deren internationale Beziehungen er verantwortlich ist.

(2)  Die Konvention findet auf jedes in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet ab dem dreissigsten Tag nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär des Europarats Anwendung.

(3)  In den genannten Hoheitsgebieten wird diese Konvention unter Berücksichtigung der örtlichen Notwendigkeiten angewendet.

(4)  Jeder Staat, der eine Erklärung nach Absatz 1 abgegeben hat, kann jederzeit danach für eines oder mehrere der in der Erklärung bezeichneten Hoheitsgebiete erklären, dass er die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Entgegennahme von Beschwerden von natürlichen Personen, nichtstaatlichen Organisationen oder Personengruppen nach Artikel 34 anerkennt.


 

(1)  Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung dieser Konvention oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde einen Vorbehalt zu einzelnen Bestimmungen der Konvention anbringen, soweit ein zu dieser Zeit in seinem Hoheitsgebiet geltendes Gesetz mit der betreffenden Bestimmung nicht übereinstimmt. Vorbehalte allgemeiner Art sind nach diesem Artikel nicht zulässig.

(2)  Jeder nach diesem Artikel angebrachte Vorbehalt muss mit einer kurzen Darstellung des betreffenden Gesetzes verbunden sein.


 

(1)  Eine Hohe Vertragspartei kann diese Konvention frühestens fünf Jahre nach dem Tag, an dem sie Vertragspartei geworden ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation kündigen; dieser unterrichtet die anderen Hohen Vertragsparteien.

(2)  Die Kündigung befreit die Hohe Vertragspartei nicht von ihren Verpflichtungen aus dieser Konvention in Bezug auf Handlungen, die sie vor dem Wirksamwerden der Kündigung vorgenommen hat und die möglicherweise eine Verletzung dieser Verpflichtungen darstellen.

(3)  Mit derselben Massgabe scheidet eine Hohe Vertragspartei, deren Mitgliedschaft im Europarat endet, als Vertragspartei dieser Konvention aus.

(4)  Die Konvention kann in Bezug auf jedes Hoheitsgebiet, auf das sie durch eine Erklärung nach Artikel 56 anwendbar geworden ist, nach den Absätzen 1 bis 3 gekündigt werden


 

(1)  Diese Konvention liegt für die Mitglieder des Europarats zur Unterzeichnung auf. Sie bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.

(2)  Die Europäische Union kann dieser Konvention beitreten.1

(3)  Diese Konvention tritt nach Hinterlegung von zehn Ratifikationsurkunden in Kraft.2

(4)  Für jeden Unterzeichner, der die Konvention später ratifiziert, tritt sie mit der Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft.3

(5)  Der Generalsekretär des Europarats notifiziert allen Mitgliedern des Europarats das Inkrafttreten der Konvention, die Namen der Hohen Vertragsparteien, die sie ratifiziert haben, und jede spätere Hinterlegung einer Ratifikationsurkunde.4

Geschehen zu Rom am 4. November 1950 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär übermittelt allen Unterzeichnern beglaubigte Abschriften.

(Es folgen die Unterschriften)


1 Eingefügt durch Art. 17 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers genehmigt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Juni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).
2 Ursprünglich: Abs. 2.
3 Ursprünglich: Abs. 3.
4 Ursprünglich: Abs. 4.


Geltungsbereich am 23. Februar 20125

         

Vertragsstaaten

Ratifikation

 

Inkrafttreten

 
         
         

Albanien

  2. Oktober

1996

  2. Oktober

1996

Andorra*

22. Januar

1996

22. Januar

1996

Armenien*

26. April

2002

26. April

2002

Aserbaidschan*

15. April

2002

15. April

2002

Belgien

14. Juni

1955

14. Juni

1955

Bosnien und Herzegowina

12. Juli

2002

12. Juli

2002

Bulgarien

  7. September

1992

  7. September

1992

Dänemark

13. April

1953

  3. September

1953

Deutschland

  5. Dezember

1952

  3. September

1953

Estland*

16. April

1996

16. April

1996

Finnland*

10. Mai

1990

10. Mai

1990

Frankreich*

  3. Mai

1974

  3. Mai

1974

Georgien

20. Mai

1999

20. Mai

1999

Griechenland

28. November

1974

28. November

1974

Irland*

25. Februar

1953

  3. September

1953

Island

29. Juni

1953

  3. September

1953

Italien

26. Oktober

1955

26. Oktober

1955

Kroatien*

  5. November

1997

  5. November

1997

Lettland

27. Juni

1997

27. Juni

1997

Liechtenstein*

  8. September

1982

  8. September

1982

Litauen

20. Juni

1995

20. Juni

1995

Luxemburg

  3. September

1953

  3. September

1953

Malta*

23. Januar

1967

23. Januar

1967

Mazedonien

10. April

1997

10. April

1997

Moldau*

12. September

1997

12. September

1997

Monaco*

30. November

2005

30. November

2005

Montenegroa

  3. März

2004

  6. Juni

2006

Niederlande

31. August

1954

31. August

1954

    Curaçaob

  1. Dezember

1955

31. Dezember

1955

    Karibische Gebiete (Bonaire, Sint Eustatius und Saba)b

  1. Dezember

1955

31. Dezember

1955

    Sint Maartenb

  1. Dezember

1955

31. Dezember

1955

Norwegen

15. Januar

1952

  3. September

1953

Österreich*

  3. September

1958

  3. September

1958

Polen

19. Januar

1993

19. Januar

1993

Portugal*

  9. November

1978

  9. November

1978

Rumänien

20. Juni

1994

20. Juni

1994

Russland*

  5. Mai

1998

  5. Mai

1998

San Marino*

22. März

1989

22. März

1989

Schweden

  4. Februar

1952

  3. September

1953

Schweiz

28. November

1974

28. November

1974

Serbien

  3. März

2004

  3. März

2004

Slowakei*

18. März

1992

  1. Januar

1993

Slowenien

28. Juni

1994

28. Juni

1994

Spanien*

  4. Oktober

1979

  4. Oktober

1979

Tschechische Republik*

18. März

1992

  1. Januar

1993

Türkei

18. Mai

1954

18. Mai

1954

Ukraine*

11. September

1997

11. September

1997

Ungarn

  5. November

1992

  5. November

1992

Vereinigtes Königreich*

  8. März

1951

  3. September

1953

    Akrotiri und Dhekeliac

  1. April

2004

  1. Mai

2004

    Anguillad

23. Oktober

1953

23. November

1953

    Bermudasd

23. Oktober

1953

23. November

1953

    Britische Jungferninselne

23. Oktober

1953

23. November

1953

    Falklandinselnf

23. Oktober

1953

23. November

1953

    Gibraltarf

23. Oktober

1953

23. November

1953

    Guernseyg

23. Oktober

1953

23. November

1953

    Insel Manh

23. Oktober

1953

23. November

1953

    Jerseyi

23. Oktober

1953

23. November

1953

    Kaimaninselng

23. Oktober

1953

23. November

1953

    Montserratd

23. Oktober

1953

23. November

1953

    St. Helena und Nebengebiete (Ascension und Tristan da Cunha)d

23. Oktober

1953

23. November

1953

    Südgeorgien und Südliche Sandwichinselnf

23. Oktober

1953

23. November

1953

    Turks- und Caicosinselnj

23. Oktober

1953

23. November

1953

Zypern

  6. Oktober

1962

  6. Oktober

1962

         
         

*

Vorbehalte und Erklärungen.

 

Die Vorbehalte und Erklärungen werden in der AS nicht veröffentlicht. Die französischen und englischen Texte können auf der Internet-Seite des Europarates: http://conventions.coe.int/Treaty/FR/v3DefaultFRE.asp eingesehen oder bei der Direktion für Völkerrecht, Sektion Staatsverträge, 3003 Bern bezogen werden.

a

Der Ministerrat des Europarats hat anlässlich seiner 994(bis) Sitzung vom 9. Mai 2007 beschlossen, Montenegro mit Wirkung ab 6. Juni 2006 als Vertragspartei dieses Übereinkommens zu betrachten. Das Datum der Unterzeichnung und der Ratifikation ist jenes von «Serbien und Montenegro».

b

Anwendungserklärung nach Art. 56.

c

Erklärung zur dauerhaften Anerkennung der Zuständigkeit des Gerichtshofs gemäss den Art. 34 und 56 Abs. 4 der Konvention ab dem 1. Mai 2004.

d

Erklärung zur dauerhaften Anerkennung der Zuständigkeit des Gerichtshofs gemäss den Art. 34 und 56 Abs. 4 der Konvention ab dem 22. Nov. 2010.

e

Erklärung zur dauerhaften Anerkennung der Zuständigkeit des Gerichtshofs gemäss den Art. 34 und 56 Abs. 4 der Konvention ab dem 25. Sept. 2009.

f

Erklärung zur dauerhaften Anerkennung der Zuständigkeit des Gerichtshofs gemäss den Art. 34 und 56 Abs. 4 der Konvention ab dem 14. Jan. 2006.

g

Erklärung zur dauerhaften Anerkennung der Zuständigkeit des Gerichtshofs gemäss den Art. 34 und 56 Abs. 4 der Konvention ab dem 23. Febr. 2006.

h

Erklärung zur dauerhaften Anerkennung der Zuständigkeit des Gerichtshofs gemäss den Art. 34 und 56 Abs. 4 der Konvention ab dem 1. Juni 2003.

i

Erklärung zur dauerhaften Anerkennung der Zuständigkeit des Gerichtshofs gemäss den Art. 34 und 56 Abs. 4 der Konvention ab dem 14. Jan. 2001.

j

Erklärung zur dauerhaften Anerkennung der Zuständigkeit des Gerichtshofs gemäss den Art. 34 und 56 Abs. 4 der Konvention ab dem 14. Okt. 2009.

         
         

 

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