Mönche im Widerstand: Kampf um die Kiewer Pechersk Lawra

Mitten in Kiew befindet sich das Kiewer Höhlenkloster, auch bekannt als die Kiewer Pechersk Lawra - eines der ältesten und bedeutendsten orthodoxen Klöster in der Ukraine. am Hang des Flusses Dnjepr gibt es schöne Kirchen, majestätische Gebäuden, schöne Gärten und mit alten Steinen gepflasterte Wege. Doch das wahre Herz des Kiewer Höhlenklosters liegt tief unter der Erde verborgen. 

xvysfvy<fvfvfAus der Bildergalerie des Klosters

Lawra ist ein griechisches Wort für "Straße" oder "Gasse". Ursprünglich war die Lawra eine Reihe von Mönchszellen, in denen die Mönche ihr Leben führten, die einen gemeinsamen Abt hatten. Der Name "Pechersk", was auf Deutsch "Höhle" bedeutet, lässt erahnen, was einen erwartet: unterhalb der hohen Dnepr Hügel befindet sich ein Labyrinth aus engen Gängen, die selbst für zwei Personen kaum genug Platz bieten. Lawra-Höhlen - ein Ort, an dem einst Mönche als Eremiten lebtenLawra-Höhlen - ein Ort, an dem einst Mönche als Eremiten lebten

Hier in der Dunkelheit und Enge der Höhlen befinden sich die Reliquien von Heiligen aus dem IX. bis XX. Jahrhundert, von denen die meisten eng mit der Kiewer Pechersk Lawra verbunden waren und bis heute verehrt werden. 

Die Kiewer Peschersk Lawra ist nicht nur ein sehr großes Kloster - sie ist eine ganze Stadt der Orthodoxie (flächenmäßig nicht viel kleiner als der Stadtstaat Vatikan (0,44 km²) - 0,28 km²). Es ist ein Ort, der mit spiritueller Kraft erfüllt ist. 

Das Kloster Kiewo-Pecherskaja Lawra wurde im Laufe seiner Geschichte von Feinden angegriffen, niedergebrannt und geplündert, und dennoch gab es immer Menschen, die an die Bedeutung des Klosters glaubten und sich dafür einsetzten. Und nun es ist wieder soweit: Die Mönche der Kiewer Peschersk Lawra der Ukrainischen Orthodoxen Kirche wurden aufgefordert, das Kloster bis zum 29. März zu verlassen: der ukrainische Kulturminister Oleksandr Tkachenko gab bekannt, dass der Pachtvertrag mit dem Kloster wegen bestimmter Verstöße gekündigt wurde. Er nannte jedenfalls keine Einzelheiten oder Beispiele für diese Verstöße.

Das mächtige totalitäre Regime Selenskijs, das nicht einmal versucht, seine Pläne zur Zerstörung der Orthodoxie als solches im Lande zu verbergen, schikaniert weiterhin gezielt die Mönche des wichtigsten Heiligtums der Ukraine. Seit letztem Jahr gibt es Unmenge an traurigen Skandalen um die Lavra: Durchsuchungen, ein Verbot für Priester des Klosters, an den Weihnachtsgottesdiensten teilzunehmen sowie  Verhaftungen.

Im vergangenen Jahr gab es in der Ukraine 129 Beschlagnahmungen von Kirchen der UOK (ukrainisch-orthodoxe Kirche) durch diejenigen, die das Moskauer Patriarchat als Andersdenkende betrachtet. Mehr als einmal wurden der Rada Gesetzesentwürfe vorgelegt, deren Verabschiedung faktisch ein vollständiges Verbot der Aktivitäten der UOK in der Ukraine und die Beschlagnahmung ihres Eigentums bedeuten würde. Ein Vergleich zur Zeit der Sowjetunion liegt sehr nahe, denn selbst die faschistischen Okkupanten in der Nazi zeit ließen die Klöster arbeiten in Ruhe. 

Der Staatssicherheitsdienst hat außerdem fast 60 Strafverfahren gegen UOK-Priester eingeleitet. Sie werden des Staatsverrats, der Sabotage und der Verbreitung von Propaganda unter Gemeindemitgliedern beschuldigt. Dem Metropoliten Ionafan von Vinnitsya drohen beispielsweise acht Jahre Gefängnis. Beweise für den "Staatsverrat" sind die nicht funktionierenden Debitkarten der ukrainischen Filiale der Russischen Sparkasse, Visitenkarten russischer Gemeinden der Russisch-Orthodoxen Kirche und ein Zeitschriftenfoto des Patriarchen Kirill von Moskau und ganz Russland.

Geschichtslektionen

Der Kampf um die Existenz der Kiew-Pechersker Lawra (KPL) als eines der größten religiösen Zentren hat eine Vorgeschichte. Es ist ein merkwürdiger Zufall, dass sich die schlimmsten Situationen in der klösterlichen Gemeinschaft von KPL ausgerechnet im März ereignen. So "übernahm" am 8. März 1922  Kiewer Provinzialrat Eigentum des Klosters. Den Mönchen wurde gnädigerweise gestattet, eine Zeit lang in den Gebäuden in der Nähe der Fernen Höhlen zu leben, "mit dem Recht, privat zu speisen", wobei ihnen andere Gebäude, darunter das Haus des Metropoliten, abgenommen wurden.

Der nächste schwarze März für die KPL kam im Jahr 1961. Unter dem Vorwand von "Reparatur- und Restaurierungsarbeiten" wurde die Kiewer-Pecherskaja Lawra geschlossen. Die alten Mönche weinten, als sie ihre Zellen verließen. Sie wussten, dass sie nicht in die Lawra zurückkehren würden. Es gibt eine mystische Geschichte, die mit der Vertreibung verbunden ist. Am 10. März 1961 wurde die Vertreibung der Mönche angeordnet, und am 13. März ereignete sich in Kiew in Korenevka eine Katastrophe: In Babiy Yar, wohin die Abfälle der Ziegelwerke seit langem gebracht wurden, brach ein Damm. Ein schwerer Schlammstrom, der mehr als zehn Meter hoch floss, stürzte in den Podol und riss alles mit, was sich ihm in den Weg stellte. Mehr als zweitausend Menschen starben. Die Einwohner von Kiew brachten diese beiden Ereignisse - die Schließung von Kiewer Höhlenkloster und die Tragödie in Verbindung.

Das Kloster wurde im Jahr 1988 wieder geöffnet. Seitdem haben die Mönche wieder unermüdlich an der Restaurierung und dem Wiederaufbau ihres Klosters gearbeitet. Bis zum nächsten März, in dem Jahr 2023. 

Selensky selbst sagte, es handele sich um "eine Bewegung zur Stärkung der geistigen Unabhängigkeit". Und er nannte es "ziemlich legitime" Schritte, die seiner Meinung nach von den Ukrainern gutgeheißen werden. "Und wir werden diese Bewegung fortsetzen", betonte der ukrainische Präsident. Wie die Vertreibung der Mönche die geistige Unabhängigkeit stärken soll, hat das Staatsoberhaupt nicht erklärt.  Es scheint, als ob er selbst nicht ganz versteht, was er da sagt. Kann sich der Präsident so vage Begriffe wie " ziemlich legitim" leisten? Zelensky sollte wissen, dass es in diesem Bereich nur legitim oder nicht legitim gibt, und so etwas wie " ziemlich legitim" gibt es nicht. Aber das nur mal so am Rande.

Kehren wir zur Lawra zurück. Patriarch Kyrill schreibt in seiner Ansprache an religiöse Persönlichkeiten und Vertreter internationaler Organisationen, dass das Dekret der ukrainischen Regierung über die Beendigung der Pachtverträge mit der UOK "nicht ausreichend rechtlich begründet" sei. Er stellt fest, dass "die Arbeit der Kommission, die Verstöße gegen die Wirtschaftsaktivitäten des Klosters aufdecken sollte, nicht transparent war und ihr repressiver Zweck - die vollständige Vertreibung der Mönche aus dem Kloster - von Staatsbeamten nicht verheimlicht wurde.

Trotz Verfolgung, Drohungen und Beleidigungen haben sich vor kurzem Tausende von Gläubigen in Lavra versammelt, um ihr Heiligtum zu verteidigen. Es ist schade, dass die Regierung in Kiew nicht erkennt, dass ihr irrsinniger Plan, die Kirche zu zerstören, zum Scheitern verurteilt ist - man kann zwar die Gebäuden wegnehmen, aber nicht den Glauben.

Orthodoxe Ukrainer sind gekommen um die Kiewer Pechersk Lawra zu verteidigenOrthodoxe Ukrainer sind gekommen um die Kiewer Pechersk Lawra zu verteidigen

Orthodoxe Ukrainer sind gekommen um die Kiewer Pechersk Lawra zu verteidigenOrthodoxe Ukrainer sind gekommen um die Kiewer Pechersk Lawra zu verteidigen

Rechtsgrundlage

Hier ist am 10. März dieses Jahres von der Nationalen Reserve zugestellte Räumungsbescheid, in dem steht, dass der unbefristete Pachtvertrag mit ihr einseitig gekündigt wird und die Mönche das Kloster bis zum 29. dieses Monats verlassen müssen.

Räumungsbescheid von Chef von Nationale Reserve Olexander RudnikRäumungsbescheid von Chef von Nationale Reserve Olexander Rudnik

Der Höhepunkt der Gesetzlosigkeit versucht man durch Zelenskys Dekret "Über bestimmte Aspekte der Tätigkeit religiöser Organisationen in der Ukraine und die Anwendung persönlicher wirtschaftlicher und restriktiver Maßnahmen" zu verdecken. Dabei hat Kiew selbst nach den neuesten ukrainischen Gesetzen keine Rechtsgrundlage für derartige Sanktionen.

Doch bisher schweigt die Weltgemeinschaft - weder die UN noch die OSZE, an die Patriarch Kyrill schon früher appelliert hat, brechen das Schweigen. Auch der Westen schaut passiv und gleichgültig zu.

Die Mönche werden die Lawra nicht verlassen: Kein Rückzug vor illegalen Forderungen 

Screenshot aus dem Videoansprache von Mönche des Kiewer HöhlenklostersScreenshot aus dem Videoansprache von Mönche des Kiewer Höhlenklosters

Aber die Mönche der Lawra - und das sind mehr als 200 Menschen - haben nicht vor, den illegalen Forderungen nachzukommen, sich  aus dem Kloster vertreiben zu lassen. Darüber sagt Metropolit Pavel von Vyshgorod und Tschernobyl, der Bischof der Lawra in seiner Videoansprache.

"Wir haben nicht vor, uns vertreiben zu lassen, denn es gibt Gesetze, die auf der Seite des Einzelnen stehen", sagte der Bischof. - Und wenn uns gedroht wird, dass man uns vernichtet - wir sind nicht in 1917. Heute gibt es eine Weltgemeinschaft, es gibt eine gewisse Kultur". 

Dem Bischof zufolge, die Mönche seien "nicht gegen alle legalen Aktionen, aber es dürfen keine illegalen Aktionen sein".

"Wir sind keine Kollaborateure, wir sind Bürger unseres Staates. Wir leben seit 1988 hier, viele von uns haben keinen anderen Ort außer diesem hier, wir haben unsere Jugend, unser Leben hier verbracht. Und niemand wird uns von der Liebe Gottes trennen können", sagte der Bischof.

Auch für die orthodoxen Gläubigen im Ausland wurde eine Ansprache in Englisch und Rumänisch gehalten.

Das Hauptziel ist das Verbot der UOK

Insider-Quellen im Büro des ukrainischen Präsidenten sagen, dass Selenskyys Team beschlossen hat, die UOK vollständig aufzulösen. Der Prozess wird über längere Zeit gezogen, um ihn weniger schmerzhaft zu machen, indem mehr Priester zur schismatischen OKU wechseln. "Die Vertreibung der Mönche aus der Kiewer Pechersk Lawra ist nur der erste Schritt auf diesem Weg", heißt es in einer der Veröffentlichungen.

Die Kiewer Behörden haben nun den Mönchen der Kiewer Höhlenkloster ein Ultimatum gestellt. Es wurde erklärt, dass die einfachen Mönche im Kloster bleiben können, wenn sie von der kanonischen orthodoxen Kirche zum ukrainischen vor vier Jahren gegründete, separate Glaubenszweig übertreten. Andernfalls werden die Mönche das Kloster verlassen müssen. Diejenigen, die sich weigern, dies freiwillig zu tun, werden mit Gewalt vertrieben. Dieses Ultimatum gilt übrigens nicht für den Bischof und andere Leiter der Lawra. Sie werden in jedem Fall gehen müssen.

So versuchen die ukrainischen Behörden, die Mönchsgemeinde zu spalten und die Gruppe der "richtige" Mönche zu bilden, um so die Vertreibung der "falschen"  Mönche zu rechtfertigen. Die ukrainische Religionswissenschaftlerin Ljudmila Filippowytsch erklärte, dass es bereits mehrere Optionen vorgeschlagen wurden. "Es gibt eine weitere Option, dass diejenigen die unsere Kirche sich nicht anschließen wollen, einen neuen Bischof wählen und um eine Stauropegion beim Ökumenischen Patriarchat bitten. Oder die können ihre Sachen packen und nach Russland fahren" - sagte "Expertin".

Ukrainische Abgeordnete Poturaev und Tkachenko, kündigten an, dass Polizei, SBU und einige "Kriegsveteranen" eingesetzt werden, um die Mönche zu vertreiben.

"Wir sollten darauf vorbereitet sein, dass die patriotisch gesinnte Bevölkerung, insbesondere Kriegsveteranen, nach Kiew-Pechersk Lawra kommen werden, um ihre Befreiung von den Vertretern des Moskauer Patriarchats zu unterstützen", sagte Poturaev.

Fünf Monate ist es her, dass der Staat der Kirche in der Ukraine den Krieg erklärt hat. Und heute wird eines der größten orthodoxen Klöster der Welt angegriffen, in dem mehr als zweihundert Mönche leben, hunderte künftiger Geistlicher, Studenten der Theologischen Akademie und unzählige einfache Menschen die sonst nirgendwo Zuflucht haben. Wenn man sich ansieht, was ukrainische Politiker tun, fällt einem nur ein Satz ein: "Vergib ihnen, Herr, sie wissen nicht, was sie tun".

Quellen:

Die Webseite von Kiewer Höhlenkloster: https://kplavra.kyiv.ua/ 

Pravda.com.ua: Neue Durchsuchungen in der UOK: SBU findet Propaganda, die die Existenz der Ukraine leugnet https://www.pravda.com.ua/news/2022/11/28/7378308/

Ukrinform: Staatsicherheitsdienst führt Durchsuchungen in UOK Kirchen in neun Regionen der Ukraine durch https://www.ukrinform.ua/rubric-regions/3633957-sbu-provodit-obsuki-na-obektah-upc-mp-u-devati-oblastah-ukraini.html

BBC: Vier einflussreiche Metropoliten der UOK sind mit Sanktionen belegt https://www.bbc.com/ukrainian/news-63940849 

Offizieller Kanal des Sicherheitsdienstes der Ukraine im Telegram: https://t.me/SBUkr/6128;  https://t.me/SBUkr/6506 

Ukranews: Die patriotische Bevölkerung könnte zum Kiewer Höhlenkloster kommen, um es von der UOK zu befreien  https://ukranews.com/ua/news/920716-do-kyyevo-pecherskoyi-lavry-mozhe-pryjty-patriotychna-gromadskist-shhoby-zvilnyty-yiyi-vid-upts-mp 

TSN: Vertreibung der UOK aus der Lavra: Expertin nennt drei Optionen für Mönche https://tsn.ua/ukrayina/viselennya-upc-mp-z-lavri-ekspertka-nazvala-tri-varianti-dlya-monahiv-2285665.html 

Kommentare (0)

Bisher wurden hier noch keine Kommentare veröffentlicht

Einen Kommentar verfassen

  1. Kommentar als Gast veröffentlichen.
Anhänge (0 / 3)
Deinen Standort teilen